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Beitrag vom 25.08.2008
Grace Is Gone
Tatjana Zilg
Ein Vater steht vor der schweren Aufgabe, seinen zwei Töchtern zu erklären, dass ihre Mutter im Irak-Krieg ums Leben kam. Das mit viel Feingefühl verfilmte Drama wurde beim Filmfestival ...
... Deauville mit dem Kritiker- und beim Sundance Filmfestival mit dem Publikums- und Drehbuchpreis ausgezeichnet und gewann die Aufmerksamkeit von Altmeister Clint Eastwood, der es mit einem neuen Soundtrack bereicherte.
Was tun, wenn das Ereignis eintritt, vor dem man sich am meisten gefürchtet hat?
Regisseur James C. Strouse verfolgt in seinem Debut diese Frage ohne aufdringlichen Pathos. Mit viel Realitätssinn und präziser Bildsprache beobachtet er den leisen Schock im ersten Moment, den Ausbruch aus dem Alltag und die allmähliche Annäherung zur Akzeptanz des Geschehenen und dem Zulassen der Trauergefühle.
Eine Flucht vor dem Trauma
Stan Phillips (John Cusack) lebt mit seinen beiden Töchtern in einer amerikanischen Kleinstadt. Grace, seine Ehefrau, ist schon seit einiger Zeit im Irak stationiert. Der Familienvater meistert den Alltag als Alleinerziehender mit einer Mischung aus Skepsis und Hoffnung. Er nimmt an einer Gruppe für EhepartnerInnen von im Kriegsgebiet eingesetzten SoldatInnen teil, wo er sich als einziger Mann etwas verloren vorkommt.
Als zwei Beauftragte der Armee ihm die Nachricht vom Tod seiner Frau übermitteln, bricht er aus seinen gewohnten Wegen aus. Er bringt es nicht übers Herz, die Nachricht an seine beiden Töchter Heidi (Shelan O´Keefe) und Dawn (Gracie Bednarczyk) weiterzugeben. Stattdessen packt er spontan die Sachen, steigt mit den Mädchen ins Auto und fährt mit ihnen ins Blaue, grobes Ziel ist der Vergnügungspark "Enchanted Gardens". Auf der Road Odyssee quer durch die Vereinigten Staaten begegnet sich die Familie neu in einem Wechselspiel aus Schweigen, Streit, Zuneigung und Wiederannäherung. Insbesondere die ältere Tochter Heidi spürt, dass sich etwas Wesentliches verändert hat, was aber von ihrem Vater noch nicht ausgesprochen werden kann und von dem er glaubt, sie zunächst davor verschonen zu müssen.
Am Ende gelingt es Stan, den richtigen Moment zu finden, in dem er seine Töchter mit der Schreckensnachricht konfrontieren kann, ohne dass diese daran zerbrechen. Nun können sie ihre Gefühle unmittelbar zulassen und sich ihre Trauer gegenseitig zeigen.
AVIVA-Tipp: Ein ungewöhnlicher Roadmovie, sehr ergreifend und nachdenklich stimmend. Die beiden Kinder-Charaktere spiegeln die große Bandbreite der Emotionen mit einer hohen Präsenz und Authentizität. Die Geschichte thematisiert eines der schwierigsten Motive der Gegenwart, den Tod eines Familienmitglieds im Krieg, mit einem psychologisch geschickt angelegten Drehbuch und einer sensiblen Erzählweise im Stil eines Sozio-Melodrams.
Grace Is Gone
USA 2007
Regie und Drehbuch: James C. Strouse
DarstellerInnen: John Cusack, Shélan O´Keefe, Gracie Bednarczyk und Alessandro Nivola
Verleih: Central Film
Laufzeit: 85 Minuten
Kinostart: 28. August 2008
Der Film im Netz: www.graceisgone-themovie.com